der rebellische Sohn der chilenischen
und spanischen Sprache
Pablo Neruda
schickst noch immer ununterbrochen deine Briefe
und Gedichte an Nazim Hikmet.
Friedenstauben mit reinen Flügeln tragen
diese weiter an unsere jungen Nachkommen,
wie Erde, dass sich nach Wasser sehnt,
saugen wir auf, eure Gedichte und Briefe.
Jede Silbe vermengt sich mit unserem Blut.
Das Licht der Gedichte durchbricht Stück für Stück
das Dunkel, das unsere Wege umgibt.
Du und Nazim habt die Saat für Frieden und Liebe,
verhüllt in geheimnisvollen Gedichten,
an Bertolt Brecht geschickt.
Bedauerlich, dass die Menschen
dieser Erde noch immer nicht erkannt haben,
dass die Verbrennung eines Buchs, eines Menschen
die Verbrennung der ganzen Welt ist.
Hand in Hand habt ihr den Kopf erhoben
gegen Ausbeutung und Krieg.
Mutig habt ihr den Kindern das Leben verteidigt, nicht den Tod.
Samen für Frieden und Liebe habt ihr ausgesät auf der ganzen Erde.
Verzeiht mir,
schlechte Nachrichten überbringe ich euch
in meinen Briefen, Gedichten.
Noch immer die alte Schale, der alte Hamam.
Noch immer regieren Religion und Waffenhändler die Welt.
Vernichten Stück für Stück die Freiheit
und die Rosengärten des Friedens.
In schlechten Zeiten leben wir.
Die Menge, die ihr Hirn für eine betäubende Zigarette verkauft,
die ihren Stift für ein Glas Wein verwendet,
die Zahl unermesslich hoch.
Ein türkischer Volksdichter sagt:
„ein durchlöchertes Eisen kam, die Tapferkeit verdarb“
Seit Fernseher und Computer kamen,
verdarben auch die Stifte von vielen Schreibern,
die Sprache und das Hirn.
Von welchen Schönheiten soll ich erzählen Pablo Neruda?
Wie eine schwarze Wolke zieht der Krieg über unsere Welt,
unser Wasser fließt blutig,
kniehoch die Armut,
Tag für Tag steigt die Zahl der Kinder, die an Hunger sterben.
Pablo Neruda, wie gut,
dass eure Briefe mit Nazim Hikmet und Bertolt Brecht,
eure Gedichte existieren.
Die Gedichte, die die schwarzen Wolken durchbrechen und
den Weg unserer jungen Nachkommen erleuchten.
September 2005